Kolumne: Des Freiherrn letzter Dienst

2. März 2011

 Guttenberg ist weg, und die Netzgemeinde feiert sich selbst auf allen Kanälen. Ohne Internet hätten keine 20.000 Wissenschaftler bei der Kanzlerin gegen Dr.strg.c. rebellieren können. Stimmt, eine Unterschriftensammlung per Kettenbrief hätte länger gedauert. Und ohne Internet hätte kein Heer von Hobby-Detektiven die geklauten Textpassagen in Windeseile gemeinsam entlarven können. Stimmt auch.

So wahr diese Erkenntnisse sind, so banal sind sie. Das Webphänomen namens Crowdsourcing ist zehn Jahre alt. Minimum. Deshalb wirkt das öffentliche Staunen mancher Kommentatoren über die angeblich neue Dynamik im Netz etwas angestaubt.

Hilfreich sein könnte es dennoch. Möglicherweise trägt der gefallene Freiherr wider Willen dazu bei, die Chancen der Bürgerbeteiligung via Internet bekannter zu machen – vor allem außerhalb der Netzgemeinschaft. Vorhanden sind sie längst, und nutzbar für viel konstruktivere Dinge als für das Absägen von Polit-Popstars.

Online-Volunteering, also die internetgestützte Zusammenarbeit vieler Tausend wildfremder und völlig verstreut lebender Menschen für gemeinnützige Organisationen und Projekte, ist in den USA längst etabliert und hierzulande stark im Kommen. Aber wie das so ist: Im Alltag schreibt und spricht kaum jemand darüber.

Insofern hat der Glanz des beliebtesten deutschen Politikers diese Woche noch ein letztes Mal positiv abgestrahlt. Danke, Ex-Doktor.

 Uwe Amrhein ist Herausgeber von Enter.

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