Gefeuert statt gefeiert

13. April 2011

Freiwilliges Engagement hilft im Job? Beim Vorstellungsgespräch vielleicht, aber wenn es zu Lasten der Arbeitszeit geht, ist oft Schluss mit lustig. Bei den Feuerwehren sorgt das für ernste Probleme.

Helmut Raab (62) ist Ehrenamtsberater des Landesfeuerwehrverbandes Hessen. Er berät Feuerwehren bei der Suche nach Freiwilligen, arbeitet als Moderator und Fachjournalist für Brand- und Katastrophenschutz. Enter traf Raab in Dietzenbach bei Frankfurt.

Wer sich ehrenamtlich engagiert, hat mehr Erfolg im Job. Wahrheit oder Legende?
Das ist eine Mischung aus Wunschdenken und politischer Rhetorik. Der Alltag sieht anders aus. Immer mehr freiwillige Feuerwehrleute bekommen Schwierigkeiten im Beruf, wenn sie tagsüber zum Einsatz müssen.

Aber es gibt doch eine gesetzliche Verpflichtung, Arbeitnehmer für Einsätze freizustellen…
Das Gesetz ist nur Papier. Ein reales Beispiel ist die junge Frau, die bei ihrem Arbeitgeber anruft, um mitzuteilen, dass sie wegen eines Einsatzes später kommt. Dummerweise war sie noch in der Probezeit. Die Kündigung wurde dann natürlich nicht mit ihrem Engagement bei der Feuerwehr begründet.

Sind Arbeitgeber also heute weniger aufgeschlossen, Zeit für das Engagement ihrer Mitarbeiter bereit zu stellen?
Das kann man nicht so pauschal und vorwurfsvoll formulieren. Die Arbeitswelt hat sich geändert. Es gibt heute in den Betrieben keine personellen Reserven mehr. Alle Arbeitsschritte sind minutengenau durchgeplant. Personalausfälle bringen ganze Systeme durcheinander. Deshalb gehen viele unserer freiwilligen Feuerwehrleute erst gar nicht mehr auf ihre Arbeitgeber zu.

Der voll verplante Mensch als Problem für das klassische Ehrenamt?
Ja, so ist es. Das fängt schon bei den Kindern an. Lange Wege zu Mittelpunktschulen, Ganztagsunterricht… Junge Leute werden mit dem Terminkalender groß. Sie können in den neuen, flexiblen Engagementformen trotzdem aktive Bürger werden. Aber für das traditionelle, regelmäßige Ehrenamt ist diese Entwicklung Gift.

Wie äußert sich das bei den freiwilligen Feuerwehren?
Bei uns in Hessen hat die Zahl der aktiven, freiwilligen Einsatzkräfte seit 1990 um zehn Prozent abgenommen. Bei den jungen Leuten ist es noch deutlicher. Die Zahl der Mitglieder in Jugendfeuerwehren sank von 34.298 im Jahr 2000 auf aktuell 28.518. 45,5 Prozent der Jugendfeuerwehren geben zudem an, akute Nachwuchssorgen zu haben.

Wie lässt sich gegensteuern?
Ein Teil der Probleme ist hausgemacht. Feuerwehrhäuser gleichen geschlossenen Burgen. Erfolgreich sind Feuerwehren, die aktiv auf ihre Mitbürger zugehen, die spannende Spielfeste in Kitas veranstalten, die ihre Fahrzeuge als rollende Werbeträger für das Ehrenamt nutzen, die Eltern anbieten, Kindergeburtstage im Feuerwehrhaus zu feiern… Wir müssen neue Wege gehen.

Kann die Politik helfen?
Und ob! Und zwar am besten auf kommunaler Ebene. Ich kenne Städte, da geht der Bürgermeister zu den Arbeitgebern und diskutiert persönlich mit den Chefs über Arbeitsfreistellungen bei Einsätzen. Es gibt einige Kommunen, die helfen ihren Feuerwehrleuten beim Schreibkram und den Statistiken. Die wichtigste Aufgabe der Politik bei allen anderen Formen von Ehrenamt, die mit Sicherheit und Rettung zu tun haben, heißt Anerkennung – und zwar nicht nur in Sonntagsreden.

In Großstädten ist Feuerwehr ein Beruf. Da stellen sich diese Fragen nur bedingt. Ein Randthema, beschränkt aufs flache Land?
Ganz und gar nicht, denn auch in den Städten mit Berufsfeuerwehren – davon gibt es in Deutschland übrigens nur rund 100 – sind die dort zusätzlich bestehenden Freiwilligen Feuerwehren ein wesentlicher Bestandteil des kommunalen Sicherheitskonzeptes. Insgesamt über eine Million Menschen sind in Deutschland aktive Feuerwehrleute im freiwilligen, ehrenamtlichen Einsatz. Wenn man von den berühmten 23 Millionen Engagierten ausgeht, ist das ein ganz schöner Anteil. Aber es geht nicht nur um Feuerwehr-Statistiken. Wir brauchen Zukunftskonzepte für das klassische Ehrenamt. Die Feuerwehr ist ja nur ein Beispiel für eine insgesamt kritische Situation.

 

Der etwas andere Chef – Ralf Hofmann

Manche Firmen legen Mitarbeitern Steine in den Weg, die sich in der Freiwilligen Feuerwehr engagieren. Der Unternehmer Ralf Hofmann macht es genau umgekehrt. Er fördert konsequent das Engagement seiner Mitarbeiter in der Feuerwehr – am Ende profitiert seine Firma sogar davon.

Beim Industrie- und Straßenbauunternehmen Heinrich-Philipp Schäfer III. im hessischen Biebesheim werden Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr ganz selbstverständlich für Einsätze freigestellt. Geschäftsführer Ralf Hofmann war selbst 17 Jahre im Brandschutz aktiv. Für ihn war immer klar: Wenn er einmal Chef sein würde, sollten seine Mitarbeiter ausrücken können, wann immer sie gebraucht würden. Was früher selbstverständlich war, macht die Firma heute fast zum Exoten.
In Hofmanns Unternehmen arbeiten heute neun Feuerwehrmänner – das sind zehn Prozent der Belegschaft. Sobald sich der Pieper meldet, rücken sie zur Brandbekämpfung aus. Sogar die regelmäßigen Fortbildungen finden in der Arbeitszeit statt. Anders als in vielen Betrieben der Umgebung ist beim Mittelständler Heinrich-Philipp Schäfer III. der Feuerwehrdienst sogar ein Pluspunkt im Einstellungsgespräch. Das besondere Engagement von Ralf Hofmann hat sich inzwischen herumgesprochen – 2010 wurde er mit dem Deutschen Bürgerpreis in der Kategorie „Engagierte Unternehmer“ ausgezeichnet.
Die ungewöhnliche Engagementförderung hat übrigens auch einen positiven Nebeneffekt für das Unternehmen: Im Wettbewerb um Facharbeiter wird künftig diejenige Firma punkten, die Freiräume fürs Ehrenamt schafft. Einen Vorteil will Ralf Hofmann daraus aber nicht ziehen – unermüdlich versucht er, auch andere Unternehmen zu überzeugen, Feuerwehrleute für ihr wichtiges Ehrenamt freizustellen.

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Ein Kommentar

  1. Harald
    Harald
    12. Dezember 2012 zu 18:04
    | Antworten

    Feuerwehr ein ehrenamt , hoch zu loben .
    Was sind wir ohne feuerwehr ? Im brandfalle ausgeliefert hilflos der furchtbaren gefahr ausgeliefert der vernichtung !

    Ich empfinde für jeden der freiwilligen feuerwehrleute höchsten respeckt und ein dankeschön an alle die sich oftmals als retter in höchster not betätigen .

    danke

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