Kolumne: Darf unten mal oben sein?

7. April 2011

 Es war keine große Meldung aus dem geschundenen Japan. Und doch lässt sie aufmerken: In den nordjapanischen Notunterkünften servieren die Japaner selbst nur kalten Reis. Iranische Freiwillige versorgen die Obdachlosen mit Kebab und Hühnersuppe. Wäre das bei uns denkbar? Eine Naturkatastrophe trifft Norddeutschland, und die Schweden kochen die Suppe? Schwer vorstellbar.

Unser Helferreflex gegenüber hochentwickelten Industrienationen setzt bestenfalls spät ein. Irgendwas lässt uns glauben, dass materieller Reichtum eines Landes zugleich das optimale Funktionieren von Solidarität, Bürgersinn und staatlichem Krisenmanagement bedeutet. Umgekehrt öffnen sich Herzen und Portemonnaies ganz leicht, wenn es ein armes Land trifft – obwohl dort möglicherweise die Selbsthilfe-Fähigkeiten und Improvisationstalente viel größer sind. Warum eigentlich?Die vermeintliche Selbstverständlichkeit, dass immer die Reichen den Armen helfen dürfen – und niemals umgekehrt – offenbart nicht nur eine gute Portion Arroganz, sondern sorgt auch dafür, dass oben immer oben und unten immer unten bleibt.Iranische Hühnersuppe für Japan? Ja, bitte!

 Uwe Amrhein ist Herausgeber von Enter.

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