Nazis leaken oder nicht?

4. Januar 2012

Ende Dezember ging sie online, die Plattform nazi-leaks.net. Mitglieder des Hacker-Netzwerks Anonymous haben hier unter anderem eine Liste von Leuten veröffentlicht, die der NPD gespendet haben oder beim Nazi-Onlinehändler „Odin“ bestellt haben. Auch Autoren der rechten Postille „Junge Freiheit“ werden genannt.
Neben den Klarnamen haben die Aktivisten die vollständigen Adressen sowie teilweise die Telefonnummern ins Netz gestellt. Die Listen sind mitunter mehrere Jahre alt und wurden bereits auf einschlägigen Plattformen wie indymedia veröffentlicht.

Die Logik hinter der Aktion: Nazis sind gefährlich und müssen geoutet werden. Wehret man nicht den Anfängen, sind rechte Terrorzellen wie in Zwickau das Resultat. Doch was ist das Ergebnis der jetzigen Veröffentlichung, die sich nonchalant über Parteispendengesetz, Datenschutz und Persönlichkeitsrechte hinwegsetzt? Es geht darum, Angst zu säen. Angst, davor, dass der eigene Name im Netz erscheint, dass bei jeder Google-Recherche die Verbindung zur rechten Szene angezeigt wird. Aber es geht auch um die Angst vor anonymen Anrufen, Hate Mails oder Farbbeuteln an der Hauswand. In der rechten Szene kursieren immer wieder schwarze Listen mit persönlichen Angaben zu Antifa-Aktivisten, kritischen Journalisten, couragierten Staatsanwälten etc. Die mal mehr mal weniger implizite Aufforderung: diese Feinde der „Bewegung“ angreifen.

Wer etwas gegen Rechtsextremisten unternehmen will, ist gut damit beraten, nicht auf deren Instrumentarium zu setzen. Nicht nur in Berlin kann man in erschreckender Regelmäßigkeit verfolgen, wie Links- und Rechts-Extreme sich gegenseitig auflauern, zusammenschlagen, wie sie Autos und Wohnungen in Brand setzen. Diese Eskalation noch zusätzlich anzuheizen, verstellt den Blick auf eine nachhaltige Eindämmung des Rechtsextremismus. Die Aktion „Storch Heinar“ etwa, die das Nazi-Label „Thor Steinar“ aufs Korn nimmt, ist ein Beispiel dafür, wie mit Engagement und Kreativität das rechte Umfeld bloßgestellt werden kann.

Das programmatische Bild der Leaking-Aktion mit dem mehr oder weniger originellen Titel „Operation Blitzkrieg“ (#OpBlitzkrieg) zeigt einen Nazi-Bengel, dem die Hosen strammgezogen werden. Wer dies tut, indem er auf Bloßstellung und Angst setzt, soll sich bitte nicht mit der Verteidigung der Demokratie brüsten.

Henrik Flor

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6 Kommentare

  1. Philipp
    Philipp
    4. Januar 2012 zu 16:43
    | Antworten

    Das ganze funktioniert ja auch nur, weil sich die "Linken" sehr sicher sind, dass ihnen nicht das gleiche wiederfährt..

    1. ganz falsch
      ganz falsch
      5. Januar 2012 zu 15:29

      erstens. konnten sich die "linken" nie sicher, es zirkulieren immer wieder namens- und adresslisten auf flugzetteln und in einschlägigen nazigazetten mit dem kaum verklausulierten aufruf zum angriff.

      zweitens. macht nazi-leaken weniger spass als dass es relativ viel arbeit fuer relativ wenig dank ist.

      drittens. muss man sich nur die nazi-reaktionen ansehen, wie zb: http://pastebin.com/j37UP9JP

      hier gehts nicht bloss um links und rechts, sondern insbesondere um die npd und ihr umfeld.

  2. Bert
    Bert
    4. Januar 2012 zu 17:22
    | Antworten

    Was der bisherige Kuschelkurs mit den Nazis gebracht hat, hat man ja in Zwickau gesehen. Natürlich kann man solche Leute beim Namen nennen und Druck machen. Die Unterstützer ins Visier zu nehmen und das ganze Umfeld ist genauso wichtig, wie gegen Funktionäre und Schläger anzugehen.

  3. SPASSMASKE
    SPASSMASKE
    4. Januar 2012 zu 18:37
    | Antworten

    Ich stimme dem Autor insofern zu, als das man sich nicht eigenmächtig auf Nazi-Jagd machen sollte, um Gewaltverbrechen an ihnen zu begehen. Aber es bieten sich hier sicherlich viele kreative Möglichkeiten, sich ein paar Späße zu erlauben. Beispielsweise haben einige Aktivisten einem NPD-Mitglied mal nachts die Haustür zugemauert. In diesem Kontext ist ein wenig „Angst sähen“ doch gar nicht so schlecht…

  4. Franzi
    Franzi
    5. Januar 2012 zu 09:07
    | Antworten

    Vorschlag, um ein Leaken von Parteispenden obsolet zu machen: Lasst es uns wie in den USA machen. Da muss jede Spende ab 200 Dollar mit Namen, Adresse und Beruf von der Wahlkommission veröffentlicht werden – ist gleichzeitig tolles Material für Open-Data-Anwendungen!

  5. Sch.Schnabbelschnut
    Sch.Schnabbelschnut
    2. April 2012 zu 07:11
    | Antworten

    Obwohl ich ein bekennender Gegner von NS-Ideologien bin, muss ich dem Autor recht geben. Auch Nazis sind Menschen und dürfen nicht behandelt werden wie es z.B. die Minderheiten im 3.Reich erleiden mussten. Es fehlte nur noch Aufkleber an deren Autos, Briefkästen u.s.w. mit der Aufschrift "Nazischwein."
    Eine gute Bekämpfung ist eben nicht auf das "Instrumentarium der Rechten" zuzugreifen (Worte des Autors Henrik Flor), sondern Aufklärung, Aufklärung und Austrocknung der finanziellen Quellen (Verbot der NPD z.B.).
    Schorschi Schnabbelschnut (Autor der hessischen Anekdoten,
    hessischeanekdoten.de) babbelt: Väprieheln kenne mä net vähinnern/dor(s)ch Priehel oadrohe dän Spinnern. (Verprügeln können wir nicht verhindern/durch Prügel androhen den Spinnern. Un net nur des, sunnern aach dähtische (und nicht nur das, sondern auch machen).

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