Der Problemspender – Autor Alexander Glück im Interview

1. Dezember 2011

Herr Glück, Sie schreiben, dass von jährlich rund vier Milliarden Euro Privatspenden nur 2,7 Milliarden dem eigentlichen Spendenzweck zugutekommen. Wo bleiben die übrigen 1,3 Milliarden?

Da gibt es eine Verwaltung, es gibt diverse Dienstleister, Ausgaben, die in jedem Büro anfallen, aber natürlich auch die Provisionen für Spendenwerber und die Ausgaben für die Spenderbetreuung. Letztere sind Teil eines rasant verfettenden Dienstleistungsmarkts namens Fundraising.

 

„Verkaufte Verantwortung“ heißt eines Ihrer Bücher. Der Titel beschreibt ein Geschäft auf Gegenseitigkeit zwischen Fundraiser und Spender. Wie läuft dieser Deal ab?

Es ist eine stille Verantwortungsübertragung. Der Fundraiser macht auf einen Missstand, wie den Hunger in der Dritten Welt, aufmerksam und präsentiert die dazu passende Lösung. Der Spender gibt Geld und tritt mit diesem Geld auch die Verantwortung für die Lösung des Problems an den Fundraiser ab. Das Akquirieren dieser Spende verschlingt mitunter 30 Prozent der gespendeten Summe. Fundraiser sorgen hier für ein Gesinnungskino der besonderen Art: Du gibst mir dein Geld und ich kümmere mich um den Rest.

 

Wo läuft das Verhältnis von Aufwand, der im Fundraising betrieben wird, und dem Nutzen für den eigentlichen Spendenzweck besonders eklatant aus dem Ruder?

Das beste Beispiel ist der Spendenbrief. Die Rücklaufquote dieser Briefe an Kaltadressen liegt, wenn sie gut sind, bei rund zwei Prozent, das heißt, dass nur zwei von Hundert Angeschriebenen auch etwas spenden. Kostendeckend sind sie aber erst ab einer Rücklaufquote von fünf Prozent. In mehr als 99 Prozent der Aussendungen wird also schlicht Geld verbrannt. Man kann das natürlich als Marketingmaßnahme verstehen: Man vergrößert seine Bekanntheit, bringt sich in Erinnerung. Dem Kind mit den Knopfaugen auf dem Anschreiben aber bringt die Aktion überhaupt nichts.

 

Warum gibt es überhaupt noch solche Mailings?

Mit solchen Spendenbriefen begründet der Fundraiser letztlich seine Existenzberechtigung. Sie eignen sich besonders gut, seine eigene Arbeit darzustellen, da die Schreiben etwas Konkretes und Greifbares sind. Auf diese Weise kann der Fundraiser also schlicht seine Arbeit als Leistung verkaufen. Aber es bleibt ein überholtes Instrument. Noch eklatanter sind allerdings die so genannten Entenrennen. Es ist eine Art Tombola, bei der gelbe Plastikenten auf einem Fluss ausgesetzt werden, die jeweils eine Nummer tragen. Die Enten, die zuerst durchs Ziel gehen, bescheren dem Käufer des Loses einen Preis. Das ist eine trostlose, unoriginelle, aber aufwendige Veranstaltung, die nichts mit dem Spendenzweck zu tun hat.

 

Neben dem fehlenden Nutzen kritisieren Sie noch etwas anderes an der Kommunikation mit den Spendern…

Was mich stört, ist, dass hier eine Art von persönlicher Nähe simuliert wird, die künstlich ist, die sich aber bei näherem Hinsehen wie Brausepulver in Wasser auflöst. Die persönliche Ebene ist gelogen. Anschreiben und Spendenbriefe sind maschinell erstellt, als Spender werden Sie in Kategorien einsortiert. Eine hoch entwickelte Software verwaltet Sie von da an. Diese Programme sorgen beispielsweise für eine „betragsspezifische“ Bedankung, die von der Höhe Ihrer Spende abhängt. Hinter all dem steht also kein Mensch, und letztlich soll ich als Mensch auch nicht erreicht werden. Es geht um mein Geld; Geld, mit dem ich am Ende wieder selbst gebauchpinselt werde, und zwar auf eine sehr mechanische Art. Klar ist aber auch, dass jenseits des Themas Ansprache eine innovative Verwaltung eine Qualitätssteigerung und einen wünschenswerten effizienter Mitteleinsatz bedeuten kann.

 

Dem Spender bleibt nur die Opferrolle?

Nein, meine Kritik richtet sich durchaus auch an die Spender. Diese wollen oft emotional angesprochen werden und glauben nur zu gerne, dass sie selbst etwas zur Weltenrettung getan hätten. Mit der Spende bescheinigen wir uns selbst Mitgefühl, Verantwortungsbewusstsein und solidarische Gesinnung. Wir sind dann bessere Menschen als die Umgebung. Cleveres Fundraising beutet genau diese Gefühle aus. Ein schönes Beispiel sind auch die Spenden-Galas im TV. Die Laufschrift blendet dort auch die 20-Euro-Spende vom Autohaus Schlupp ein. Das ist eine ganz direkte Gegenleistung.

 

Wie muss man sich den Karrierestart im Fundraising vorstellen?

Man muss sich klarmachen, dass Fundraiser Dienstleister sind, die ein Produkt verkaufen. Letztlich arbeiten die eigennützig, es sind keine Klosterschwestern. Wer Fundraiser werden will, muss die einschlägigen Bücher kaufen, muss auf die Fundraising-Akademie gehen, die eine ganze Menge Geld kostet. Da wird eine Menge Geld ausgegeben, das hinterher wieder durch Spendengelder wieder reingeholt werden muss.

 

Fundraising wird immer professioneller, aber das Gesamtspendenaufkommen wird nicht gesteigert. Jagen sich Fundraiser lediglich gegenseitig Anteile ab?

Man versucht den Ertrag in erster Linie dadurch zu steigern, dass das Fundraising immer effizienter strukturiert wird – durch entsprechende Software und eine mechanische Beziehungspflege.  Das Fundraising verkauft sich hier als Lösung für ein Problem, das vom Fundraising verursacht worden ist: der steigende Konkurrenzdruck unter den Initiativen. Ein besonders fragwürdiges Instrument, die Erträge zu steigern – von dem sich allerdings viele Fundraiser distanzieren -, sind die sogenannten Keiler, die auf der Straße Leute ansprechen und ihnen Fördermitgliedschaften andrehen wollen. Diese Keiler, die oft sehr massiv auftreten, bekommen ein Drittel der Spende oder auch den gesamten ersten Jahresbeitrag eines neu gewonnenen Mitglieds. Trotz dieser Maßnahmen gelingt es aber nicht, die privaten Spenden insgesamt zu steigern.

 

Wie könnte die Vision einer neuen Spendensammelkultur aussehen?

Ich stelle nicht infrage, dass ein Fundraiser für seine Arbeit entlohnt werden muss, so wie jeder andere auch, der etwas leistet. Was ich aber will, ist, dass wir ehrlicher miteinander umgehen. Den Wert von Transparenz kann man nicht hoch genug hängen. Wenn es eine Offenlegungspflicht gäbe, dann wüsste ich, von dem Euro, den ich jetzt spende, bleiben 30 Cent beim Fundraising hängen. Ich will, dass Ross und Reiter benannt werden. Um ihre Informationen zu verbreiten, könnten Organisationen bessere und kostengünstigere Kanäle nutzen als Spendenbriefe: übers Netz beispielsweise oder in regelmäßigen Formaten in Radio und TV.

 

Was ist Ihre Empfehlung zu Weihnachten. Wie macht man es als Spender richtig?

Meine erste Empfehlung: Nicht spenden, weil Weihnachten ist. Versuchen wir es mal ohne emotionalen Druck. Warten wir doch einfach bis zur Faschingszeit. Dann ist es etwas stiller geworden. Bis dahin kann sich jeder in Ruhe über die eigenen Affekte und Ambitionen klar werden. Mir gefällt das Bild vom ‚in der Hand schwitzenden Almosen‘. Der Begriff Almosen steht für etwas, das aus sich heraus Gerechtigkeit schafft. Ich gebe etwas von mir ab. Es ist eine menschliche und empathische Haltung, die Unterschiede ausgleicht. „In der Hand schwitzend“ bedeutet, dass ich es nicht der erstbesten Organisation gebe, sondern wohl überlegt erst der vierten oder fünften, die vielleicht nicht so laut wie die erste auftritt, aber das Gleiche will wie ich.

 

 

Alexander Glück lebt als freier Journalist und Autor in Hollabrunn bei Wien. Während seines Engagements für ein Hilfswerk in Rumänien erhielt er tiefe Einblicke in die Kooperationsstrukturen zwischen Helfern und Unterstützern. Alexander Glück veröffentlichte unter anderem in der „Frankfurter Rundschau“, im „Stern“ und „Standard“ sowie in der „Presse“. Beiträge von Alexander Glück sind auch auf dem Blog von betterplace erschienen.

www.alexander-glueck.lima-city.de

 

 Das Interview führte Henrik Flor.

Foto: Walther Schreiner

 

 

 

Der Spendenkomplex

Das kalte Geschäft mit heißen Gefühlen

175 Seiten
Euro 14,80

 

 

 

 

 

 

 

Die verkaufte Verantwortung

Das stille Einvernehmen im Fundraising

Ca. 200 Seiten

Euro 24,90

 

 

 

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17 Kommentare

  1. Alexander Glück
    Alexander Glück
    1. Dezember 2011 zu 14:58
    | Antworten

    Ich habe von Herrn Daberstiel in den vergangenen drei Jahren nicht ein einziges sachbezogenes Gegenargument gehört oder gelesen, sondern meistens nur die unsinnige Übertreibung meiner Argumente — mit dem Ziel, sie dadurch unzweckmäßig erscheinen zu lassen. Das ist wahrscheinlich der einzige Trick, den er sich aus Schopenhauers "Eristischer Dialektik" behalten hat.

    Niemals habe ich irgendwo die Dinge gefordert, die Herr Daberstiel mir hier wieder unterschiebt. Leider hat er auch nie meinen Kritikansatz so weit reflektiert, daß er begriffen hätte, um was es mir eigentlich geht: um eine Abkehr von der kitschigen Spenden-Unwirklichkeit zwischen Plüsch und Plastik, zwischen Galafressen und Entenrennen. Herr Daberstiel klammert sich an dieses überholte System, obwohl er wissen könnte und womöglich auch weiß, daß es auf Trugbildern aufgebaut ist und daß sich die falschen Leute das Spendenwesen zur Beute gemacht haben. Dazu gehört auch das ständig wiedergekäute Dogma vom angeblichen "guten Zweck", dem jede sachliche Kritik untergeordnet wird, das aber gefährlicherweise auch jeden Mißbrauch verkleistert.

    Leute wie Herr Daberstiel verwenden auch keinen lichten Moment auf die Überlegung, ab wann und für wie lange ein Euro eigentlich dem Spendenziel zuzurechnen ist. Schwupps! landet er doch wieder in unserer Volkswirtschaft, wenn z. B. Geräte oder andere Dinge benötigt und bestellt werden.

    Um nicht mißverstanden zu werden: Ich wende mich nicht dagegen, daß alle möglichen Leute für ihre Arbeit Geld bekommen. Das sollen sie gern. Ich möchte nur, daß das nicht mit einen immer weiter aufgeblasenen Generalbetrug verschleiert wird. Und daß ein gewisser Bürokratisierungsgrad für die Effizienz und Qualität einer Initiative eine wesentliche Voraussetzung ist, habe ich schon mehrfach geschrieben.

    Für die (ach so systemwichtigen) Fundraiser wird es auch in einer Zeit nach der Eskalation dieses Systems etwas zu tun geben. Es könnte sich aber als sinnvoll erweisen, bis dahin diese elitäre Attitüde abgelegt zu haben, denn für ein solidarisches Miteinander braucht es Menschen, die von Demut geleitet werden statt von Allüren.

  2. Matthias Daberstiel
    Matthias Daberstiel
    1. Dezember 2011 zu 15:01
    | Antworten

    Nach der Lektüre des Interviews bin ich über die Realitätsferne von Alexander Glück doch sehr überrascht. Er verteufelt hier Spendenbriefe und empfielt Online, Radio und TV als Kommunikationskanal. Ist das näher am Spender? Kostet das nix? Stecken da etwa keine Profis dahinter? Er beschwert sich über eine vorgegaukelte Nähe beim Spenden. Sicher nicht ganz von der Hand zu weisen, aber wie soll es gehen? Personal einstellen und jede 5 Euro Spende persönlich bedanken? Wer trägt diese Kosten? Ich bin entsetzt über so weltfremde Aussagen. Sicher Spender sollten verantwortungsvoll und überlegt mit Ihrer Spende umgehen, und Fundraiser sollten transparenter Kosten und Nutzen kommunizieren und Spender ermutigen sich einzubringen. Aber eine webaffine Kostenlos-Mentalität auf den dritten Sektor zu übertragen nur weil er ja gemeinnützig ist, halte ich für höchst gefährlich. Wer Spender nicht bittet, wird auch wenig Spenden erhalten. Das kostet Geld, Zeit und ausgebildete Profis und ist Teil der Arbeit der Non-Profit-Organisationen. NPOs machen gute Arbeit vor Ort und zu Hause für den guten Zweck. Fundraiser sind Teil der NPOS und müssen ihre Ausbildungskosten nicht über Spenden refinanzieren! Sie werden genauso aus der Organisation bezahlt wie jeder andere auch, der dort arbeitet.
    Übrigens, das im vierten Quartal soviel gespendet wird liegt nicht daran, das Spender unter emotionalem Druck zu Weihnachten stehen, sondern weil Sie am Ende des Jahres sehen, was sie noch in der Tasche haben und danach auch einschätzen können, wieviel sie geben können. Lernt man übrigens auch auf der Fundraisingakademie.

  3. Leonore Katz
    Leonore Katz
    1. Dezember 2011 zu 16:18
    | Antworten

    Schade: Herr Glück teilt gern Kritik aus und nutzt auch gern mal das Stilmittel der Überzeichnung. Dagegen ist nichts einzuwenden.
    Wenn aber er selbst bzw. seine Argumente in der Kritik stehen, kann er scheinbar damit schlecht umgehen. Kritiker persönlich anzufeinden („Leute wie Herr D.“ etc.) statt Sachargumente zu liefern, halte ich für den falschen Weg. Sollten die beiden sich persönlich kennen, können sie bitte ihre persönlichen Animositäten direkt austauschen. In diesem Forum sollte es um die Fakten zur Sache gehen!
    Also bleibt meine Frage: WIE soll Fundraising in Zukunft stattfinden? Soll es überhaupt noch Fundraising geben?

  4. Matthias Daberstiel
    Matthias Daberstiel
    2. Dezember 2011 zu 09:50
    | Antworten

    Nein, Animositäten haben ich keine. Im Gegenteil ich bin immer für eine erfrischende Diskussion zu haben, ohne ins persönliche abzugleiten. Deshalb steht dort auch mein Klarname.
    Natürlich wäre es eine schöne Vorstellung, wenn alle Deutschen bereit wären, gemeinnützige Organisationen zu unterstützen und sich vorher intensiv mit den gemeinnützigen Themen auseinandersetzen. Aber selbst dann müsste man seine Themen immer noch an die Öffentlichkeit bringen. Zweifellos wäre der Aufwand für Werbung aber geringer. Doch leider sagen die Zahlen etwas anderes. Nur etwas 40 % der Deutschen spenden und das ist auch ganz natürlich, denn es gibt im Leben Phasen wo man sich ein finanzielles Engagement leisten kann und Phasen wo man das eher nicht tut. Deshalb spenden auch vornehmlich Ältere. Außerdem wird jeder Deutsche im Jahr von vielen tausenden Werbebotschaften erreicht, die in der Brieftasche mit dem „guten Gewissen“ konkurrieren. Wir stehen nicht nur untereinander in Konkurrenz um das bessere Spendenprojekt sondern auch mit der Anschaffung des Fernsehers oder dem Häuslebau. NGOs Werbung zu verbieten, heißt sie bedeutungslos zu machen. Aber gerade gemeinnützige Themen brauchen Aufmerksamkeit. Schönes Beispiel: Die Anti-Aidskampagnen. Deutschland war eines der ersten Länder die dieses gesellschaftliche Problem laut und deutlich kommuniziert haben. Werbespots, Plakate, Kondomverteilung bei Events. Wer erinnert sich nicht an „Tina was kosten die Kondome?“ Für diese wichtige gesellschaftliche Aufgabe wurde Geld ausgegeben. Mit Erfolg, denn die Infektionsrate in Deutschland blieb weit hinter Ländern zurück, die in Aids nur ein Problem der Homosexuellen sahen.
    Werbung ist nichts böses. Hier wird kein Geld zum Fenster rausgeworfen. Werbung kann wirken und sie ist wichtig um Menschen zu erreichen. Das heißt nicht, das sie immer effizient ist, auch wenn das einigen Organisationen schon besser gelingt. Es gibt treue Spender, die keine Spendenbriefe brauchen, aber die große Masse der Deutschen braucht die Aufforderung das zu tun. Sie braucht die Erinnerung. Das ist die Realität, der man sich als Fundraiser stellen muß.

    Also @leonore Katz soll es weiterhin Fundraising geben? Eine spannende Frage. Ich denke, das Fundraising keine Marketingtechnik, kein Instrument oder Methode ist. Es hat einen Namen und das wars. Fundraising bedeutet Beziehungen zu Spendern aufzubauen. Und das tun wir im wahren Leben jeden Tag – indem wir kommunizieren. Kleinere Organisationen schaffen das noch persönlich. Größere Organisationen, die Millionen an Spenden erhalten, nutzen dafür Spendenbriefe, Jahreberichte, und Events um sich bei Spender zu bedanken und mit Ihnen in Verbindung zu bleiben. Denn Spender die einmal gewonnen sind, interessieren sich schon, was aus Ihrem Geld wird. Nicht alle, aber der Anteil steigt seit Jahren. Fundraising wird es also auch weiterhin geben, denn sonst verlieren die Organisationen Spender, damit Gelder und damit die Möglichkeit, ihre zivilgesellschaftlichen Aufgaben wahrzunehmen.
    Menschen sind aber Menschen und Werbung ist immer ein Reibungspunkt. Deshalb wird Werbung von NGOs immer kritischer bewertet werden als die coole Werbung mit George Clooney. Kritik müssen wir hier einfach aushalten und uns immer wieder neu erklären, warum sie für unsere Arbeit wichtig ist: Werbung kommuniziert!

  5. Vero
    Vero
    2. Dezember 2011 zu 10:59
    | Antworten

    Matthias,
    ich lese bei Ihnen heraus, dass Sie sich sehr gut auskennen, und ein großes Interesse haben, sich mit den Kritikpunkten auseinanderzusetzen.
    Bei dem Thema Werbung wäre es natürlich nicht adäquat, auf ein „nein“ zur Werbung zu polarisieren. Ich denke, dass Herr Glück gerade an dem Punkt aufrüttelt und appelliert, viele Aspekte zu überdenken, zu hinterfragen.
    An dieser Stelle wäre es evtl. clever, dass der Fundraising-Sektor vorbaut und innovativ solche Kritik-Impulse verarbeitet.
    Wenn noch ein paar Skandälchen und Skandale, Veruntreuungs- und Unwirtschaftlichkeitsgeschichten,kommen, dann kann die öffentliche Meinung recht schnell kippen, und der ganze Hilfesektor massiv drunter leiden. Der Trend in den nächsten Jahren wird sicherlich sein, dass die Menschen verstärkt einfordern, zu wissen, wie effizient ihre Abgaben und Spenden verwendet werden.

  6. Alexander Glück
    Alexander Glück
    2. Dezember 2011 zu 11:14
    | Antworten

    Weder setze ich mich für ein Verbot von Werbung durch NGOs ein noch denke ich, daß Kommunikation in diesem Bereich überflüssig wäre. Herr Flor hat mich bei dem Interview unter anderem gefragt, ob ich der Meinung sei, daß ein Verbot von Fundraising mit Spendengeldern sinnvoll wäre. Ich habe mich vehement gegen so ein Verbot ausgesprochen, einmal aufgrund meiner Überzeugung, daß staatliche Verbotstendenzen (Glühbirnen, Rauchen und einiges mehr) schon jetzt zu weit und illegitim in bürgerliche Freiheiten eingreifen; andererseits aber auch, weil es das gute Recht von Spendern bleiben muß, Fundraiser — wenn man dies möchte — durch die Spendenvermittlung prosperieren zu lassen.

    Sinnvoll wäre aber durchaus eine Offenlegungspflicht. Und selbst damit wäre aufgrund erheblicher bilanzieller Gestaltungsspielräume noch nicht sehr viel gewonnen.

    Information über Projektarbeit halte ich für ausgesprochen wichtig. Bedrängende Keilerei bis hin zu der gegenüber Spendern ausgesprochenen Drohung, man werde das Patenkind im Falle der Zahlungseinstellung von der Schule nehmen, nutzt die Spender wie auch die Spendenempfänger kalt und gewinnorientiert aus. Wer sich dagegen ausspricht, daß dies kritisch untersucht wird, der unterstützt genau diese Tendenzen. Sie gehören jedoch eigentlich von den Fundraisern am vehementesten bekämpft!

    Ich wende mich also nicht gegen Informationsmitarbeiter, sondern gegen bestimmte Methoden, die ich in den beiden Büchern genau analysiert und mit hunderten Literaturbelegen genauestens belegt habe. Das ist der Kern meiner Systemkritik. Beide Bücher erklären übrigens in den Schlußkapiteln genau, was aus kritischer Sicht zu einer Verbesserung der Situation beitragen könnte.

    Ich bin aber auch selbst Mensch mit der Wahrnehmung eines Menschen, und wenn es mir immer wieder auffällt, daß es Fundraiser gibt, die mit ihrer Arbeit vor allem einmal die eigenen seelischen Defizite auffüllen wollen, indem sie sich mit hohler Vermittlertätigkeit zu einer Art Sozialarbeiter hochschummeln wollen, ohne über Marketingkenntnisse hinaus irgendwie qualifiziert für diese Aufgaben zu sein, dann darf ich das doch wohl auch äußern.

  7. Maik Meid
    Maik Meid
    2. Dezember 2011 zu 11:22
    | Antworten

    Als hauptberuflicher und mit voller Überzeugung und dem Herzen Vertreter der sich immer mehr „verfettenden“ Szene kann ich bei den meisten Hard Facts des Herrn Glück tatsächlich nur den Kopf schütteln. Zum einen Mailings als Existenzberechtigung zu sehen als auch die von ihm angegebenen Responsequoten hinterfrage ich doch sehr stark. Welche Quelle liegt dort zu Grunde?
    Des weiteren hinterlässt der Artikel den mal wieder vor Weihnachten üblichen Eindruck des zähmen Wolfs in Form des versicherungsverkaufenden, äh spendenwerbenden Fundraisers. In lade jeden sehr herzlich ein, den Berufsalltag mitzuerleben um zu schauen, welchen Wert Spenderinnen und Spender für eine gemeinnützige Einrichtung haben und wie mit Ihnen umgegangen wird.
    Und ich erlaube mir auch für den Großteil der Kolleginnen und Kollegen zu sprechen.

    Fassungslos über diese Art der Polemik,

    Maik Meid

  8. Uwe Spindler
    Uwe Spindler
    2. Dezember 2011 zu 13:03
    | Antworten

    Leider werden durch solche Machenschaften die ehrlich gemeinten Projekte in Mitleidenschaft gezogen, bei denen wirklich Entwicklungshilfe notwendig ist.

    Mein Beispiel: Wir führen in Paraguay eine der ersten gegründeten deutschen Schulen, 1888. Die Deutsche Schule wurde von den ersten deutschen Kolonisten gegründet und verhalf vielen zu einer guten Grundbildung.

    Der Standort dieser Schule befindet sich in Altos, Cordillera, Paraguay. Eine Gemeinde mit rund 14.000 Einwohnern, die zu den ärmeren Städten in Paraguay zählt.

    Aus diesem Grund werden die monatlichen Schulgebühren relativ niedrig gehalten um möglichst vielen Kindern den Schulbesuch anzubieten. Aus diesem Grund, musste die Schule vom hiesigen Staat subventioniert werden.

    Die Schule untersteht dem Deutschen Verein Patria, welcher im Jahre 1893 gegründet wurde. Das Ziel der noch Deutschen und Deutschstämmigen, ist es die Deutsche Kultur und Tradition aufrecht zu erhalten und auch den Hiesigen etwas davon zu übertragen, z. B. Deutschunterricht, Musik, usw.

    Zeit 2008 läuft das Projekt Abitur, da wir bisher nur Grundschule anbieten. Zu diesem Projekt haben wir ettlich Institutionen und Firmen in Deutschland angeschrieben aber ohne positiven Feedback. Der VDA und die Deutsche Botschaft, haben uns bisher in dieser Beziehung geholfen aber das Projekt Abitur benötigt ca. 150.000 EURO.

    Alle Gelder, die wir bisher erhielten, waren, wurden und werden über den rein privaten Kanal gehandhabt, d. h. direkt und ohne zusätzlich Gebühren. So werden die Abrechnungen, Aufsicht, usw, vom Vorstand kontrolliert und abgerechnet, mit genauesten Detail und Belegen, somit verwenden wir, 100% die erhaltenen Spenden.

    Nun frage ich mich, geht ohne Fundraising nichts mehr? Muss den an den Spendengeldern verdient werden? Haben Spenden nicht den Zweck 100 % als solche verwqendet zu werden (abgesehen von Bankspesen)?

    Wenn Fundraising, einen solchen Prozentsatz einsteckt, sehe ich hier eine Art Geschäft mit Spendengeldern. Freiwilige Helfer und Menschen, die auch mal was tun ohne Gegenleistung sind Mangelware geworden. Es bleiben nur noch ein paar Idealisten, die nicht nur an sich denken sondern, auch geben damit die Nachkommen auch ein Gut davon haben.

    Uwe Spindler
    1. Vorsintzender

  9. Jörg Rohwedder
    Jörg Rohwedder
    2. Dezember 2011 zu 14:30
    | Antworten

    Als Spendensammler fühle ich mich zwar etwas ungerechtfertigt über einen Kamm geschoren, aber Kritik an der Branche ist notwendig.

    Widersprüchlich finde ich, die Anschreiben von Spendenorganisationen zu kritisieren, zum Teil auch in ihrem professionellen Design und gleichzeitig die vorgestellten Portale darin zu kritisieren, dass deren Design nicht gelungen ist.

    Den Rat, ab 200 Euro eine Spendenbescheinigung anzufordern, finde ich nicht wirklich sinnvoll, da es sowieso im Interesse der Sammler ist, den Versand der Bescheinigung für einen neuen Kontakt zu nutzen. Die Bitte um eine Bescheinigung macht allen nur Arbeit. Ich schlage Spendern vor: Macht Euch eine Liste, wem ihr gespendet habt. Wer es schafft, bis Ende Januar eine Bescheinigung zu verschicken,arbeitet sehr professionell. Wer es
    bis Ende Februar schafft, macht es gut, hält sich aber vermutlich mit viel Handarbeit auf. Wer es bis Ende März nicht schafft, macht sich offensichtlich zu viel Arbeit und den Spendern auch.

    Ein Hinweis auf die Initiative Transparente Zivilgesellschaft wäre fein gewesen, ebenso wie es Sinn macht, eine Forderung an den Staat zu formulieren, ein Mindestmaß an Transparenz gesetzlich zu verankern.

    Wer sich viel mit dem Thema Spenden befasst und ebenfalls Beachtung verdient hat, ist Ise Bosch und das Portal,
    http://www.besser-spenden.de/index.html.

    Fair wäre es auch gewesen, auf die Ethik-Kriterien des
    Fundraising-Verbandes hinzuweisen. Die Branche ist sich der Kritik und der schwarzen Schafe bewusst.

    Abschließend möchte ich hinweisen auf unser Netzwerk
    Wandelstiftungen: http://www.wandelstiften.de und auf den Beitrag zum Begriff einer progressiven Philanthropie
    http://www.stiftungstag2008.de/progressive-philanthropie.pdf.

    Jörg Rohwedder

  10. Maik Meid
    Maik Meid
    2. Dezember 2011 zu 22:12
    | Antworten

    Lieber Thilo!
    Danke, wirklich echten Dank für diesen Kommentar.
    Ich hatte nicht die Zeit für eine ausgiebige Antwort, aber besser geht es wirklich nicht. Es trifft genau das, was ich schreiben wollte.

    Maik

  11. Bärbel Bohley
    Bärbel Bohley
    3. Dezember 2011 zu 15:16
    | Antworten

    Mir kommt diese Diskussion hier so vor wie wenn jemand mit SED-Leuten über die Systemfehler des Sozialismus diskutieren würde. Die waren über kritische Standpunkte auch immer sehr „überrascht“, weil sie ihre grundlegenden Wahrheiten nicht in Frage stellen konnten. Punktsiege in Detailfragen bringen da nicht viel.

    Wenn man aus denselben Fakten entgegengesetzte Schlüsse zieht, kann es schwierig sein, den anderen zu überzeugen.

  12. Matthias Daberstiel
    Matthias Daberstiel
    4. Dezember 2011 zu 19:04
    | Antworten

    Liebe Bärbel Bohley,

    nein, überrascht bin ich nicht über kritische Standpunkte sondern über Realitätsferne. Und genau diese zeichnete ja die SED aus. Kritische Standpunkte sind gerade beim Thema Spenden höchst willkommen. Ich denke da ist noch einiges zu verbessern. Allerdings nicht nur auf der Seite der NPOs sondern auch auf der Seite der Spender. Und da gebe ich Alexander Glück durchaus recht. Spender tragen mit einer Spende auch Verantwortung und so verantwortungsvoll sollten sie auch damit umgehen – da nehme ich mich als Spender nicht aus. Also Kopf einschalten und sich aktiv interessieren, wie die Organisation sich für den guten Zweck einsetzt. Das allerdings nur auf Verwaltungs- oder Werbekosten zu reduzieren ist zu wenig. Hier geht es darum wie effektiv geholfen wird. Ich freue mich immer über Spender, die uns auch in Frage stellen. Sie bringen die Organisation nämlich meist viel weiter.

  13. Welt Online
    Welt Online
    6. Dezember 2011 zu 07:42
    | Antworten

    Contra: Soll man spenden?

    Katharina Lotter: In diesen Tagen und Wochen geht es um viel Geld, und die Menschen werden oft emotional manipuliert. Alles für den „guten Zweck“?

    Daß die Vorweihnachtszeit begonnen hat, merkt man heute nicht mehr beim Einkauf im Supermarkt. So richtig los geht es erst, wenn man die erste Post von Hilfsorganisationen im Briefkasten findet. „Fundraiser, also professionelle Spendensammler, erzielen einen Großteil ihrer Einnahmen in dieser Zeit“; erklärt der Deutsche Fundraising Verband e.V. in einer Presseerklärung und ergänzt: „Nur wenige, die jetzt alle paar Tage immer neue Spendenbriefe von konkurrierenden Organisationen öffnen, wissen, wieviel strategische Planung, professionelle Kreativität und Marketing-Know-how oft dahinterstecken.“

    In der Tat. Aktuell beispielsweise zirkulieren Briefe, denen nicht nur Anmeldecoupons für die Übernahme einer Kinderpatenschaft beigelegt sind, sondern auch Fotos von bereits vermittelten Patenkindern – in einem Format und einer Machart, daß man gleich einen Rahmen dafür kaufen und sich das Bild auf dem Schreibtisch aufstellen möchte. Beigefügt sind kleine Freundschaftsbändchen oder Geburtsarmbänder, wie man sie in Entbindungskliniken findet – als Symbol für die Hoffnung und die Hilfe, die wir den Ärmsten der Armen angedeihen lassen sollen. Bei dieser Post wurde nichts dem Zufall überlassen. Denn wer bringt es übers Herz, das Porträtfoto eines armen Kindes und ein Geburtsbändchen einfach so, ohne ein mulmiges Gefühl, in den Müll zu werfen?

    Werber wollen etwas andienen, was der Kunde gar nicht will, heißt es oft. Werbung sei unanständig, manipulativ und oft grenzwertig. Dann sind auch solche Briefe hochmanipulativ. Traurige Kinderaugen rühren immer, Kinder und Tiere, so heißt es allgemein, sind eine sichere Bank. Dazu dann die direkte Ansprache, Frau Maier-Müller-Schmidt, bitte helfen auch Sie! Kann man es Hilfsorganisationen übel nehmen, daß sie einen kleinen Prozentsatz ihrer Umsätze für Werbekampagnen ausgeben? Auch wenn das bei genauerer Betrachtung die Bereitstellung von Millionenbeträgen bedeuten kann? Ist es verwerflich, daß Kinder zu Marketinginstrumenten degradiert werden? Heiligt der Zweck die Mittel?

    Entledigen wir uns einmal der Moral aus unseren Überlegungen. Verzichten wir auf die typisch deutschen Vorstellungen von „gut“ und „böse“. Natürlich darf jeder in diesem Land um Aufmerksamkeit für seine Sache buhlen. Aber wenn wir uns darüber einig sind, daß gleiches Recht für alle gelten soll, dann ist Werbung für Aspirin, Autos oder Atomkraft nicht mehr und nicht weniger verwerflich als das, was man von der sogenannten Non-Profit-Seite erlebt. Denn auch hier gibt es Grenzen. Wer sich dazu entschieden hat, Geld spenden zu wollen, sollte die werbenden Organisationen nicht nur daran messen, was sie tun, sondern auch daran, wie sie ihr Tun verkaufen. Ob sie wirklich informieren. Oder ob sie in erster Linie versuchen, zu manipulieren und emotional zu erpressen.

    Und jeder Spender sollte kritisch über die eigenen Motive für die jährlich wiederkehrende vorweihnachtliche Mildtätigkeit nachdenken. Ist es nicht so, daß man sich nicht eigentlich ganz gern ein bißchen manipulieren lassen will? Fühlen sich nicht viele oft schuldig, weil es den Menschen in unseren Gefilden gut geht? Wir schämen und entschuldigen uns für unseren Wohlstand, anstatt selbstbewußt die Chancen zu nutzen, die er uns bietet. Endlich gibt uns jemand einen Grund für sattes, diffuses Unwohlsein und bietet uns auch gleich ein Gegenmittel an: ein gutes Gewissen. Ganz unkompliziert, zum Spottpreis von nicht einmal 30 Euro im Monat, jederzeit kündbar. Es ist ein so unglaublich angenehmes Gefühl, wenn man trotz Krise regelmäßig und ganz lässig auf einen gewissen Geldbetrag verzichten kann.
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    Eine klassische Win-win-Situation für alle Beteiligten also – wenn man einmal die außen vor läßt, um die es eigentlich gehen sollte. Die vielfach einfach nur Mittel zum Zweck sind. Weil Hilfe nichts mit Altruismus zu tun hat, sondern weil sie sich rechnet – auch und vor allem für die Helfer. Denn mittlerweile leben sehr viele Menschen heute sehr gut davon, anderen zu helfen. Niemandem sei sein fester Arbeitsplatz mit einem guten Jahresgehalt geneidet. Aber nichts ist schlimmer für einen Helfer, als wenn er nicht mehr gebraucht wird, weil sich sein Schützling wirklich emanzipiert. Nur wenige Hilfsorganisationen setzen Programme auf, die ihre eigene Abschaffung zum Ziel haben, obwohl dies die einzig faire Lösung wäre: Hilfe, die so gut ist, daß sie irgendwann nicht mehr gebraucht wird, weil die Menschen selbstbestimmt und eigenverantwortlich leben können, ohne auf Almosen angewiesen zu sein.

    Es ist ein tiefes Bedürfnis vieler Menschen, Gutes tun zu wollen. Echte Hilfe aber achtet die Würde und richtet sich nach den Bedürfnissen all derer, die sie empfangen. Nicht nach denen, die sie gewähren.

  14. Fabian Böhm
    Fabian Böhm
    6. Dezember 2011 zu 17:52
    | Antworten

    Neues aus der Forschung: Je trauriger das Kind, desto höher die Spende!

    Man sieht sie oft auf Plakaten, Werbebannern und Postkarten, die Bilder von traurigen Kindern. Doch können Nonprofits wirklich mehr Geld mit diesen Bildern sammeln? Erhöhen Kinder, bei denen die Spende sichtbar ankommt, nicht die Spendenbereitschaft? Warum scheinen uns diese traurigen Bilder stärker anzusprechen?

    Genau mit dieser Frage haben sich zwei Forscher der Universität Pennsylvania beschäftigt und kamen zu folgendem, einfachen Ergebnis:

    Je trauriger das Kind, desto höher die Spende: 77% spenden, wenn sie ein Bild eines traurigen Kindes sehen und nur 52% spenden, wenn das Kind auf dem Bild glücklich oder neutral aussieht.

    Der Artikel erschien im Journal of Marketing Research und trägt den Titel: “The Face of Need: Facial Emotion Expression on Charity Advertisement.”
    http://www.marketingpower.com/AboutAMA/Pages/AMA%

  15. Planetopia
    Planetopia
    13. Dezember 2011 zu 05:30
    | Antworten

    12.12.11
    Richtig spenden – So kommt Ihre Hilfe auch an

    Heiko Hänsge spendet jährlich einen vierstelligen Betrag für wohltätige Zwecke. Zuletzt, als eine Organisation um Spenden für Gesichtsoperationen verunstalteter afrikanischer Kinder warb. Doch dann entdeckt der Freiburger einen Hinweis auf der Webseite der Spendenaufsicht DZI, die vor der Organisation warnt. Hänsge ist entsetzt – ein Großteil seiner Spenden ist wohl in die Taschen der Spendenorganisation geflossen – und nicht nach Afrika.

    Fast 6 Milliarden Euro geben die deutschen jährlich für Spenden aus, und sind dabei so unvorsichtig wie in kaum einem anderen Bereich, der mit Geld zu tun hat. Viel zuviel Geld landet jedes Jahr bei unseriösen Organisationen, die sich dann selbst die Taschen damit voll machen. Und die seriösen Organisationen bekommen deswegen ein Stückchen weniger ab vom Spenden-Kuchen.

    PLANETOPIA zeigt, mit welchen Tricks diese Organisationen arbeiten und erklärt, wie man sicher sein kann, daß die Spende auch wirklich an die richtige Adresse kommt.

  16. Udo Ulfkotte
    Udo Ulfkotte
    28. Dezember 2011 zu 14:45
    | Antworten

    Schöne Bescherung: Hunger-Republik Bangladesch kauft Luxus-Airbus
    Udo Ulfkotte

    In der Vorweihnachtszeit sitzt das Geld der Menschen im deutschsprachigen Raum ziemlich locker. Da wird dann noch mehr gespendet als sonst. RTL hat genau in dieser Zeit seinen »Spendenmarathon«, das ZDF ganzjährig die »Aktion Mensch«, die ARD die »Fernsehlotterie« und ProSieben hat seit 2003 im jährlichen Rhythmus seinen »Red Nose Day« im Programm. Das alles freut immer wieder auch die Empfänger von Spendengeldern. Und es entlastet Regierungen armer Staaten. Eines der ärmsten Länder der Welt kaufte nun Gaddafis Luxus-Airbus.

    Kurz vor Weihnachten berichten unsere Medien immer wieder über die Möglichkeiten, Geld für arme Länder zu spenden. Da wird dann auf die Mitleidsdrüse gedrückt, um die Taschen zu öffnen. Bangladesch ist beliebtes Thema solcher Spendenberichte. Die Regierung in Bangladesch verkündete gerade erst, daß 30 Prozent der eigenen Bevölkerung unterernährt seien. Und mehr als 25 Prozent der Einwohner des Landes – so die Regierung – hat keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser. Zugleich nimmt die Armut in Bangladesch von Jahr zu Jahr weiter zu. Die Menschen werden immer ärmer.

    Nun ist Bangladesch ein Land, das ethnische Minderheiten wie die Rohingya in Lager steckt und dort fast verhungern läßt. Natürlich berichten deutschsprachige Medien nicht darüber, wie unmenschlich Bangladesch ethnische Minderheiten behandelt. Dann würden die Spender wohl nicht mehr bereitwillig die Geldbörsen öffnen.

    Und die Medien berichten auch nicht, daß Bangladesch eines der korruptesten Länder ist. Auch dann würden die Europäer wahrscheinlich nicht mehr soviel Geld für Bangladesch bereitstellen. Klar ist jedenfalls: In Bangladesch gibt es auf der einen Seite eine kaum noch zu überschauende Palette von Projekten gegen die Armut – und auf der anderen Seite eine Regierung, die nicht weiß, wohin mit dem Geld. Denn Wirtschaft und Steuereinnahmen boomen in Bangladesch.

    Die Regierung verspricht der Bevölkerung gerade, daß es in zehn Jahren soziale Gerechtigkeit und kaum noch Armut in Bangladesch geben werde – und schaut sich schon einmal die luxuriösesten Flugzeuge der Welt an. Der neue Boeing 787-Dreamliner stoppte auf seinem jüngsten Verkaufswerbeflug in Dhaka, der Hauptstadt von Bangladesch. Die Regierung hat Interesse an dem Luxusflieger bekundet.

    Zwei Tage nach dem Boeing 787-Dreamliner sollte dann in Dhaka ein Flugzeug landen, dessen Ankunft es verdient gehabt hätte, von den großen Nachrichtenagenturen der Welt festgehalten zu werden. Ein früherer Pilot der Lufthansa ließ mir zu den Weihnachtsfeiertagen nachfolgende Nachricht zukommen:

    »Mit Libyen läuft alles noch recht chaotisch. Sollte vom 12. bis zum 15. Dezember einen A340 von Tunis nach Dhaka ferryfliegen. Kurz davor wollte dann der Auftraggeber eine NICHT europäische Crew. Es handelte sich um den ex. Privat A340 von Gaddafi, wo das Gold im Flieger mehr wert ist als das neue Flugzeug selbst. Die Maschine ist von der Regierung in Bangladesch gekauft worden. Bangladesch ist mit das ärmste Land der Welt und bekommt von der EU riesige Summen Entwicklungshilfe!!! Dann soll ja auch noch die Bevölkerung in Deutschland etwas Gutes tun und für die hungernden Kinder in Bangladesh zu Weihnachten spenden. `Jeder Euro kommt an` hieß es da noch bei der Spendensendung RTL!!! Stimmt sicher – nur wo und wofür? Bin total schockiert. Müßte eigentlich in die Presse…. Viele Grüße Axel«.

    Nein, diese Nachricht ist kein Scherz. Und sie ist auch keine Fälschung. Ein in Egelsbach (nahe Frankfurt) ansässiges Luftfahrtunternehmen hatte nach Rücksprache mit dem Piloten Mitte Dezember renommierte deutsche Medien angeschrieben und um Berichterstattung gebeten. Doch keiner der Journalisten wollte darüber berichten, weil das die Spendenfreudigkeit der Deutschen beeinflussen würde.

    Die Nachrichtenagenturen berichten derzeit wahrheitsgemäß darüber, daß die im Bürgerkrieg beschädigten und früher von Airbus gelieferten libyschen Flugzeuge nun repariert werden sollen. Bekannt ist, daß Gaddafi seine Privatflugzeuge luxuriös ausstatten ließ. Über einen der Gaddafi-Privatflieger berichteten auch deutsche Medien.

    Daß wir Deutschen nun Aufbauhilfe für Libyen leisten und zugleich auch finanzielle Hilfe zur Bekämpfung der Armut in Bangladesch, während Libyen nun den Gaddafi-Flieger an die Regierung von Bangladesch verschiebt, das stört die besinnliche Weihnachtszeit und stimmt nachdenklich.

    Wir haben jetzt für jeden ein Rettungspaket. Nur uns selbst haben wir vergessen. Und deshalb steht Europa vor dem Crash.

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