Menüs für Millionen – der Protestkoch Wam Kat

6. Oktober 2011

Wam Kat ist ein Urgestein der Protest- und Weltverbessererszene. Seit 30 Jahren versorgt er Aktivisten und Demonstranten mit veganer und regionaler Küche – egal, ob 30 oder 30.000 Esser. 

 

Großveranstaltungen bereitet er monatelang vor, plant akribisch wie ein Logistiker.  Mit seiner rollenden Volksküche hat er die kulinarische Infrastruktur der Anti-Atom-Bewegung der 80er bereitgestellt, für Hausbesetzer den G8-Gipfel in Heiligendamm. Stilecht hat er das Kochen in der Kombüse der „Rainbow Warrior“, dem legendären Protestschiff von Greenpeace gelernt. Die besten Rezepte wie das „Wendland Special“, „Woodstock“ oder „Spachtelmasse“ gibt es inzwischen auch als Kochbuch: „24 Rezepte zur kulinarischen Weltverbesserung“.

www.wamkat.de

 

Zwei Fragen an Wam Kat

Weshalb ist kochen eine politische Handlung?

Eigentlich ist fast alles was mensch macht eine politische Handlung. Wie beim Kochen muss mensch auch beim Essen jedes Mal aufs Neues entscheiden, was er isst. Da geht es nicht nur um den Appetit auf etwas Bestimmtes, sondern vor allem um die ökologische, ökonomische und soziale Wirkung. Ob mensch ein tiefgekühltes Fertigprodukt von einem Multi isst und dazu einen Instantkaffee trinkt, oder ob er sich selbst eine Mahlzeit bereitet aus frischen ökologischen und regionalen Produkten und dazu einen Milchkaffee aus fair gehandelten Bohnen trinkt, macht einen großen Unterschied. In diesem Sinne bestimmt mensch mehrmals pro Tag, wie die Zukunft von der Welt aussehen soll. Die Art und Weise, wie eingekauft oder selbst produziert wird, sagt viel über die persönliche politische Vision aus.

 

Sie geben auch Seminare für Manager. Was lernen die bei dir? Was sind sie bereit zu lernen?

Ja, das stimmt. Seit einigen Jahren biete ich regelmäßig Veranstaltungen auch für Führungskräfte oder ganze Teams an. Das kann dann vom Management bis zur Reinigungskraft sein. Das Konzept ist eigentlich ganz simpel: Wir kochen und essen miteinander, in einer geräumigen Küche oder auch draußen am Lagerfeuer. Viele Unternehmen buchen Wildwasserfahrten oder irgendetwas Extremes. Zusammen kochen ist dagegen etwas Ruhiges. Man schnippelt und rührt gemeinsam etwas, sammelt Holz und sucht Pilze. Meistens ändern sich die im Büro bestehenden Rollenmuster ganz schnell – wenn die Führungskräfte hilflos die Pilze angucken und oft die verschiedenen Gemüse nicht auseinanderhalten können. Da kann dann jemand vom Reinigungspersonal einiges lernen. Aber noch wichtiger ist, dass wenn man einige zeit zusammengearbeitet und geschnippelt hat, man ganz unbewusst anfängt, sich über Gott und die Welt zu unterhalten. Und um diese Art von Gedankenaustausch und zusammen reden, geht es eigentlich. Kochen ist eine Beschäftigung, die nicht viel körperliche und geistige Anstrengung braucht, und trotzdem hat jeder das Gefühl, mit etwas (Wichtigem) beschäftigt zu sein, und irgendwie werden dann die Zungen lockerer. Bist jetzt hat es immer funktioniert, es ist ein bisschen wie früher in Großmutters Küche. Danach kommt das große gemeinsame Essen, zu der Zeit ist das Eis normalerweise schon gebrochen. Aber wenn du mich fragst, was sie dabei lernen: Wahrscheinlich lernen sie einander ein bisschen anders (besser) kennen. Ich stelle eine Informalität her, damit sehr unterschiedliche Menschen miteinander ins Gespräch kommen.

Die Fragen stellte Henrik Flor

Foto: Wam Kat

 

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