Marketing für das Gute: Crowdfunding

1. September 2011

Ein neues Zauberwort macht die Runde, ein neuer Finanzierungstrend wurde ausgerufen: Crowdfunding oder auf Deutsch: Schwarmfinanzierung. Das Prinzip ist einfach: Wer Geld für ein Projekt einwerben möchte, präsentiert dieses auf einer Crowdfunding-Plattform, nennt den konkreten Betrag, der eingeworben werden soll und stellt eine Beteiligung oder Belohnung in Aussicht. 

Die Aktion läuft über einen klar definierten Zeitraum, und das eingeworbene Geld ist zweckgebunden. Bei vielen Plattformen ist das Erreichen des avisierten Budgets Voraussetzung für die Auszahlung. Kommt die Summe nicht zusammen, erhalten die Geber ihren Einsatz zurück. Das Verfahren, mit dem schon diverse Musik-Alben und Low-Budget-Filme finanziert wurden, wird inzwischen auch im sozialen Bereich zu einem interessanten Finanzierungsinstrument, das sich aber nicht für jedes Projekt eignet.

Crowdfunding-Beispiel

Da ist zum Beispiel Tom Lass, Regisseur, Produzent, Hauptdarsteller des Films „Papa Gold“, einer Low- Budget-Produktion, die so gut angekommen ist, dass er sie nun ins Kino bringen will. Interessierte Verleiher gibt es, nur müssen noch die Musikrechte geklärt werden – ein kostspieliger Prozess, für den nun 2.500 Euro her müssen. Lass stellt auf seiner Projektseite auf startnext.de in einem Videoclip das Projekt vor, verweist auf Referenzen und verlinkt den Trailer zum Film. Jeder, der mithilft, den Film in die Kinos zu bringen, erhält eine Gegenleistung: „Ewige Dankbarkeit“ für 2 Euro, eine DVD vom Film für 15 Euro, eine Nennung im Kino-Abspann für 61 Euro usw. Um die Aktion am Laufen zu halten, hält ein Projektblog die Unterstützer auf dem Laufenden, auf einer Pinnwand kommunizieren die Fans miteinander. Wenige Tage vor dem Ende der Aktion hat Lass fast 90 Prozent der Zielmarke erreicht.

Unterschiedliche Modelle

War Crowdfunding zunächst vor allem eine interessante Finanzierungsstrategie für Kulturprojekte, hält das Modell auch im Bereich Förderung sozialer Innovation Einzug. Auf MySherpas.de hat gerade das Human Rights Festival 2011 erfolgreich 3000 Euro eingeworben und auf Betterplace sollen 20 Säcke Maismehl für die Hungerregion am Horn von Afrika zusammenkommen. Andere Projekte auf der Plattform wollen Brunnen in Kenia bohren oder in Südafrika eine Schule für AIDS-Waisen bauen. Einen anderen Weg geht die Plattform Kiva.org, auf der jedermann Anteile an Mikrokrediten zeichnen kann und sein Geld in Raten zurückgezahlt bekommt. Da möchte ein Bauer in Benin eine Kuh anschaffen und braucht dafür 600 Dollar oder eine Kolumbianerin will ihren kleinen Kosmetiksalon ausbauen. Schon mit 25 Dollar kann man Teilhaber an einem kleinen „Entwicklungsprojekt“ werden.

Selbst zum Crowdfunder werden

Crowdfunding bietet zahlreiche Vorteile: Man erreicht neue Zielgruppen, also Menschen, die nicht über die üblichen Verteiler angesprochen werden. Nicht selten fungieren die Besucher von Crowdfunding-Plattformen als Multiplikatoren. Ist jemand erst einmal von einer Sache begeistert, teilt er es seinem Netzwerk mit – Schnittstellen zu Facebook, Twitter& Co. sind dafür meist eingerichtet. Jeder kann sich schon mit kleinen Spenden beteiligen – am Ende macht es die Masse. Mit kleinen Gratifikationen steigt die Attraktivität Geld zu geben zudem stark. Die Chancen, erfolgreich die angestrebte Summe einzuwerben, stehen statistisch sehr gut, viele Projekte werden sogar überfinanziert.

So geht es

Man meldet sich kostenlos an, oft wird nicht nur ein Formular ausgefüllt, sondern die Plattform-Betreiber suchen den persönlichen Kontakt. So wird schnell klar, ob das Projekt inhaltlich zur Plattform passt und wie verbindlich dieses betrieben wird. Dann geht es darum, das Projekt besonders interessant darzustellen. Videoclips, Bilder, Blogbeiträge, Projektupdates – es gibt viele Möglichkeiten, Interesse für sein Projekt zu wecken. Wichtig sind auch die „Incentives“. Auf vielen Plattformen werden für Spenden/Beiträge materielle oder auch ideale Belohnungen in Aussicht gestellt. Wichtig ist nun, über die gesamte Laufzeit der Aktion immer wieder interessante Inhalte nachzulegen und eine emotionale Bindung zu den Spendern/Anhängern/Fans aufzubauen. Ein Indikator für gelungene Inhalte ist, inwieweit sie von den Besuchern der Plattform in deren persönliche Netzwerke gestreut werden, also beispielsweise auf Facebook oder Twitter wieder auftauchen. Man sollte sein Engagement beim Crowdfunding als Community-Management begreifen. Und diese Community will gepflegt sein, muss regelmäßig angesprochen und mit Updates versorgt werden. Dann stehen die Chancen, sein Spendenziel zu erreichen, ziemlich gut.

Was zu beachten ist

Den Vorteilen stehen aber auch einige Aspekte gegenüber, die vor allem Arbeit bedeuten, und die man nicht unterschätzen sollte. Wer erfolgreich Geld einwerben möchte, muss auf Crowdfunding-Plattformen Zeit investieren. Zum einen gilt es, das Projekt und die Macher optimal, das heißt, authentisch und mit Leidenschaft für die Sache vorzustellen. Während die Aktion läuft, sollten Projektfortschritte regelmäßig gepostet, auf Fragen von Unterstützern reagiert und insgesamt ein enger Kontakt zu aktiven und möglichen Spendern gesucht werden. Umsonst gibt es auch auf diesen Plattformen nichts.

Am meisten begeistert man mit inhaltlich spannenden Projekten: Wer ein Obdachlosentheater auf die Beine gestellt hat und nun Geld für die nächste Inszenierung sucht, der kann Videoclips von früheren Aufführungen posten, Ensemble-Mitglieder zu Wort kommen lassen, von den Proben berichten etc. Eine solche Crowdfunding-Aktion wird besser funktionieren als die einer Seniorenfreizeitstätte, die Geld für einen neuen PVC-Belag für die Cafeteria benötigt. Wer sein Projekt crowdfunden möchte, dem wird es zudem leichter fallen, wenn er erste Erfahrungen im Bereich Blogging und Social Media mitbringt.

Wichtige Plattformen in Deutschland:

Startnext, www.startnext.de

Betterplace, www.betterplace.org

mySherpas, www.mysherpas.com

Respekt.net, www.respekt.net

VisionBakery, www.visionbakery.de

Inkubato, www.inkubato.com

Pling, www.pling.de (für kreative Projekte)

International:

Kickstarter, www.kickstarter.com

Kiva, www.kiva.org

Zahlen zum Crowdfunding:

Erfolgreich finanzierte Projekte: 53 Prozent

Mittelwert der Projektsumme: 2.943 Euro (108 Prozent Überfinanzierung)

Durchschnittliche Summer pro Unterstützer: 79 Euro

Unterstützer insgesamt: 2.684

Quelle: Ikosom, Crowdfunding Studie 2011. Untersucht wurden 125 Projekte, die bis 15. April 2011 auf ausgewählten Plattformen liefen.

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Ein Kommentar

  1. Corinna
    Corinna
    23. April 2012 zu 13:24
    | Antworten

    Bis vor einigen Tage habe ich noch nichts von Crowdfunding gehört. Doch mich fasziniert diese Marketing-Strategie extrem. Vorallem finde ich es Klasse, wenn Sänger oder Bands so ihr Album finanzieren. Aktuell versucht Nina Kutschera durch Crowdfunding ihr Album zu finanzieren ( https://www.sellaband.de/ninakutschera ) und ich finde mit ihrer Stimme hat sie es wirklich verdient.

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