„Wer mehr gibt als Geld, bekommt mehr Spaß zurück“

28. April 2011

Active Philantropy ist eine gemeinnützige GmbH in Berlin. Das Unternehmen unterstützt Stifter und Spender dabei, neue Formen des Gebens zu entwickeln und berät sie bei ihren Engagements. Dabei hat sich das Team um Gründerin Felicitas von Peter einen sehr guten internationalen Überblick verschafft. Enter sprach mit dem stellvertretenden Geschäftsführer Michael Alberg-Seberich über Engagement-Trends in Großbritannien.

Bürgerengagement wirkt im Vereinigten Königreich irgendwie cooler und pfiffiger gemacht als bei uns. Woran liegt das?

Im angloamerikanischen Raum wird das Geben schon immer unternehmerischer umgesetzt. Die Idee, neben Geld auch Kompetenzen, Leidenschaft und Zeit in soziale Projekte einzubringen, verbreitet sich bei uns gerade. In Großbritannien und den USA ist das normal. Wenn der Gebende mehr einbringt als Geld, bekommt er dafür mehr Spaß an seinem Engagement. Die Experimentierfreude steigt ebenso wie die Lust an einer frischen Vermarktung der Ideen. Diese neue Kultur des Gebens versuchen wir in Deutschland zu fördern.

Fallen Ihnen spontan Beispiele aus Großbritannien ein?

Das landesweite Programm Go-Givers der Citizenship Foundation führt schon Grundschulkinder spielerisch an die Mitarbeit in gemeinnützigen Organisationen heran. Das klingt revolutionär, ist in England aber seit vielen Jahren etabliert. Oder nehmen wir „We Are What We Do“: eine Plattform, die Menschen mit dazu anregt, mit ganz einfachen alltäglichen Dingen und Verhaltensweisen die Welt ein bisschen besser zu machen. Das Buch dazu wurde 500.000 Mal verkauft und finanziert die Arbeit der Bewegung.

Lernen wir genug daraus?

Nicht alles lässt sich übertragen, und anders ist nicht immer besser. Aber ein Blick über Grenzen lohnt sich. Bei der teils vehement geführten Diskussion über einen neuen Freiwilligendienst anstelle des Zivildienstes habe ich nicht bemerkt, dass jemand mal nach Großbritannien oder in die USA geschaut hat. Dort organisieren zentrale Agenturen die ausschließlich nationalen Freiwilligendienste höchst erfolgreich.

Warum steht das Big Society-Konzept der britischen Regierung bei den gemeinnützigen Organisationen sehr in der Kritik?

Weil es inzwischen weitgehend als Sparprogramm wahrgenommen wird. Man nimmt Cameron nicht mehr ab, dass es ihm um die Gesellschaft geht. Der Vorwurf lautet: Der Staat will Aufgaben an Bürger abschieben, um seinen Haushalt in den Griff zu bekommen.

Ein berechtigter Vorwurf?

Ein Staat, der ausgerechnet in Zeiten leerer Kassen ein Programm für mehr Bürgerverantwortung startet, macht sich zwangsläufig verdächtig, dies aus finanziellem Interesse heraus zu tun. Insofern ist die Kritik an Big Society verständlich. Der Moment des Sparens ist augenscheinlich kein guter Moment, um neue Beteiligungsformate einzuführen. Die gedankliche Verbindung heißt „Big Society = Small State“. Das ändert aber nichts an der Richtigkeit der Grundidee, den Bürgern Verantwortung zurückzugeben.

Das Interview führte Uwe Amrhein.

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